Wenn das Herz aussuchen dürfte, wo wir spazieren gehen, dann wären die Borromäischen Inseln sicher dabei. Die drei Inseln im Lago Maggiore sind einfach unglaublich schön.
Wenn das Motorboot von Giovanni in Stresa ablegt und der Wind mir um die Ohren weht, dann wird das, was ich sonst nur als Postkartenmotiv kenne wirklich wahr. Ihre Silhouetten liegen verträumt auf dem See, auch wenn sie alle drei unterschiedlich sind.
Königlich und fein erscheint sofort die berühmte Isola Bella, wo Natur und menschliches Werk perfekt vereint zu sein scheinen: Ihr Terrain wurde über die Jahrhunderte immer wieder geformt, um herrliche Gärten und einen wunderschönen Palast zu schaffen. Die Teamarbeit der Architekten, Ingenieure, Stuckateure, Maler und Tischler hat diesen Palast, der vier Jahrhunderte Geschichte umfasst, zum Leben erweckt: Mich erwarten die berühmten, mit Kieselsteinen und Tuffsteinsplittern verzierten Grotten, aber ich würde auch gern die Gallerie Berthier mit ihren barocken Malereien, den Thron- und Königinnensaal und den Saal von Napoleon wiedersehen, wo dieser mit seiner Gemahlin Josefine nächtigte.
Draußen spaziere ich entlang der Wege des überaus gepflegten italienischen Gartens und gelange ans andere Ende der Insel zu den wunderbar angelegten Terrassen mit Statuen und Balustraden. Dominiert wird das Ganze vom Amphitheater Massimo im zentralen Teil der Insel umgeben von Blumenbeeten.
Ganz anders die „Isola dei Pescatori”, die Fischerinsel: klein, pittoresk und urgemütlich, ein Dorf mit bunten kleinen Häusern mit langen Balkonen, um Fisch auszutrocknen. Die engen Gassen, die steilen Treppen, die schöne Seepromenade und der zentrale Platz können nur zu Fuß entdeckt werden. Viele typische Restaurants reihen sich aneinander und bieten köstlichen Flussbarsch an.
Die Prozession der Fischerboote am 15. August (in Italien ein Feiertag) und das gemeinsame Essen der Inselbewohner auf der Piazza an einem langen Tisch zu Karneval (mit Polenta und einem guten Glas Wein natürlich…) sind Traditionen, die auch heute noch gepflegt werden.
Die dritte der Borromäischen Inseln ist aufgrund ihrer botanischen Sammlung weltweit bekannt. Die Isola Madre ist die größte der Inselgruppe, aber auch die abgeschiedenste. Der Schriftsteller Flaubert definierte sie als „der sinnlichste Ort auf dieser Welt, den ich je besucht habe“, auch wegen ihrer üppigen Vegetation und der prächtigen Natur. Ein antiker Palast des 16. Jahrhunderts beherbergt wertvolle Möbel und eine Marionettensammlung. Im großen Park kann man Fasane, Papageien und freilebende Pfauen zwischen Blauregen, Azaleen und Kamelien, aber auch exotischen Pflanzen erleben.
An diesem zauberhaften Ort scheint die Zeit still zu stehen, während die Sonne am Horizont untergeht. Ich verabschiede mich von den Inseln, die auch Stehndal, Lord Byron und Dickens verzaubert haben.
Aber ich werde zurückkommen, denn … was das Herz begehrt …